Zweite Verhandlungsrunde in Niedersachsen: Unternehmen, die mit dem Rücken zur Wand stehen, dürfen nicht noch stärker belastet werden

In ihrer zweiten Verhandlungsrunde mit der IG Metall Niedersachsen/Sachsen-Anhalt über einen neuen Tarifvertrag haben die Arbeitgeber am heutigen Dienstag noch einmal betont, wie schwierig die aktuelle wirtschaftliche Situation zahlreicher Betriebe in der Metall- und Elektroindustrie ist. Das Produktionsniveau in der Branche liegt noch immer zwölf Prozent unter dem Niveau vor der Coronakrise und weiter steigende Energiepreise sowie sich verschärfende Knappheiten bei Rohstoffen und Vormaterialien treiben die Unternehmen zunehmend in die Enge. „Unsere Betriebe haben derzeit mit einer Häufung von Krisen zu kämpfen. Eine Lohnerhöhung um die von der IG Metall geforderten acht Prozent würde zahlreiche Unternehmen finanziell überfordern“, warnt Torsten Muscharski, Verhandlungsführer der Arbeitgeber.

Führende Ökonomen sehen die deutsche Wirtschaft im Winterhalbjahr in eine Rezession steuern. Indizien dafür zeigten sich bereits in der M+E-Branche: „Eine jüngst von NiedersachsenMetall durchgeführte Umfrage hat ergeben, dass in mehr als 60 Prozent der Betriebe die Auftragsbestände in den vergangenen Wochen deutlich wegbrechen“, sagt Dr. Volker Schmidt, Hauptgeschäftsführer von NiedersachsenMetall. Viele Unternehmen fühlten sich in der Dynamik an den Beginn der Finanzkrise 2008 erinnert, als innerhalb von vier Wochen die Aufträge auf Null weggeschmolzen seien. Dieses Mal komme jedoch hinzu, dass den Unternehmern nicht nur die Gewinne wegbrechen, sondern durch die vorangegangene Coronakrise auch überproportional viel Kapital gebunden ist. „Durch die seit nunmehr zwei Jahren gestörten Lieferketten haben viele Unternehmen die Lagerhaltung extrem hochgefahren, um überhaupt lieferfähig zu bleiben. Aufgrund der damit verbundenen hohen Kapitalbindung geraten viele von ihnen nun in Zahlungsschwierigkeiten“, sagt Schmidt. Die massiv steigenden Preise für Energie, die spätestens nach dem Auslaufen der geltenden Versorgungsverträge zum Ende des Jahres auf die Unternehmen zukommen, seien für viele eine kaum noch zu tragende Bürde.

Muscharski betont, dass es wegen dieser großen Bandbreite in der Branche immanent wichtig sei, eine Kompromisslösung zu finden, die beide Seiten nicht überfordere. „Komponenten der Differenzierung und Variabilisierung sind daher für uns essenziell. Unternehmen, die bereits mit dem Rücken zur Wand stehen, sollten nicht noch über Gebühr belastet werden.“ Dagegen müsse es Betrieben, deren wirtschaftliche Lage zulässt, auch möglich sein, die Arbeitnehmer finanziell am Unternehmenserfolg zu beteiligen. „Doch diesen Aspekt hat die IG Metall heute vom Tisch gewischt.“