Zum Auftakt der Tarifverhandlungen in der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie (M+E) haben die Arbeitgeber eindringlich vor überzogenen Erwartungen und einem überhöhten Tarifabschluss gewarnt. „Nach wie vor sind die Lieferketten in unserer Industrie noch immer nicht wieder intakt, Materialien und Vorprodukte sind knapp und teuer. Vor allem aber wird die Entwicklung der Energiepreise für viele Betriebe immer dramatischer. Das geht bis hin zur Existenzbedrohung“, sagte Peer-Michael Dick, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands Südwestmetall, am Mittwoch im Anschluss an die erste Verhandlungsrunde in Kornwestheim: „Immer mehr Unternehmen stehen mit dem Rücken zur Wand. Wir brauchen daher keinen teuren Abschluss, sondern ein differenziertes Tarifangebot, das der jeweiligen Situation unserer Unternehmen gerecht wird.“
Zuvor hatte die IG Metall in der eineinhalbstündigen Verhandlung nochmals ihre Acht-Prozent-Forderung mit Argumenten begründet, die von der Arbeitgeberseite durchgängig als „nicht überzeugend und realitätsfern“ zurückgewiesen wurden. Die Tarifvertragsparteien müssten alles daransetzen, den Unternehmen einen Werkzeugkasten nicht nur finanzieller Art zur Verfügung zu stellen, der den Betrieben schnelle und passgenaue Reaktionen auf unterschiedliche Entwicklungen ermögliche. „Eine „one-size-fits-all“-Lösung, wie sie die IG Metall fordert, verbietet sich in der aktuellen Situation, da sie die Krise noch weiter verschärfen würde“, so Dick.
Zwar sei nachvollziehbar, dass die Beschäftigten die aktuell hohe Inflation im eigenen Geldbeutel spürten, sagte Dick: „Aber die Tarifpolitik wäre damit überfordert, dies auszugleichen – zumal die Tarifsteigerungen in unserer Industrie über lange Jahre hinweg weit über der Inflation lagen. Die Kaufkraft der M+E-Beschäftigten ist daher mit einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von gut 66.000 € in Baden-Württemberg immer noch sehr, sehr hoch<.“ Statt zusätzlicher Kostenbelastungen müsse den Unternehmen nun durch maximale Flexibilität in den Tarifverträgen geholfen werden: „Auch die Modernisierung der Tarifverträge und das Ziel, deren Komplexität zu verringern, bleiben auf unserer Agenda.“
Die hohen Auftragsbestände seien derzeit kein Beleg dafür, dass es den Unternehmen in der Branche gut gehe, so der Südwestmetall-Hauptgeschäftsführer: „So lange die Aufträge wegen Lieferengpässen nicht abgearbeitet werden können, entstehen daraus auch keine Erträge, aus denen man Entgelte oder Tariferhöhungen bezahlen könnte.“ Fakt sei, dass die M+E-Produktion im Land noch weit unter den Höchstständen vor Rezession, Corona-Krise und Ukraine-Krieg liege und auch immer deutlicher der globalen Produktionsentwicklung hinterherhinke. Zudem mache den Firmen neben Lieferengpässen und hohen Preisen auch ein sich verschärfender Arbeitskräftemangel immer mehr zu schaffen, sagte Dick: „Auch dafür wollen wir gemeinsam mit der IG Metall nach tariflichen Lösungen suchen.“
Die nächste Verhandlungsrunde in Baden-Württemberg wurde für den 12. Oktober vereinbart.