Geschäftsführer der Südwestmetall Bezirksgruppe Ulm Götz Maier: „Es kann keinen Einheits-Abschluss geben“

Interview mit Götz Maier, Geschäftsführer von Südwestmetall in Ulm, und Peter Fieser, Mitglied des Vorstandes der Hensoldt AG und Vorsitzender der Bezirksgruppe Ulm.

Sie planen einen Neubau beim Theater. Wie ist der aktuelle Stand?
Götz Maier: Wir loten gerade mit der Stadt die Möglichkeiten aus und haben jüngst den Architektenwettbewerb ausgeschrieben. Im Herbst werden wir die Wettbewerbseinsendungen bekommen und dann entscheiden, wie das Ganze aussieht.

Und wann ziehen Sie ein?
Maier: Die Fertigstellung ist in zweieinhalb Jahren vorgesehen. Aber das wird sehr sportlich. Momentan kann es natürlich immer länger gehen.

Peter Fieser: Für uns kommt es jetzt nicht auf ein paar Monate an, wir haben ja hier die Räumlichkeiten. Aber wir wollen dem Verband dort ein Gesicht geben.

Und Sie werden sich vergrößern.
Maier: Ja, wir haben hier am Münsterplatz keine Veranstaltungsflächen. Die kommen dann dazu. Aber wir haben aktuell auch zu wenig Büros. Das wird sich dann verbessern. Das Gebäude ist schon lange geplant, aber es ist in diesen Zeiten zwangsläufig ein Statement, wenn man so investiert.

Maier: Wir haben schon überlegt, ob das der richtige Zeitpunkt ist. Aber wir wollen bewusst ein Zeichen für die Zukunft setzen.

Apropos: Im Mai haben Sie ihre Konjunkturumfrage vorgestellt. Die konnte man unter dem Titel „Optimismus trotz Krise“ zusammenfassen. Was hat sich seitdem getan?
Fieser: Der Unternehmer, der hier in der Region, um das Münster oder im Donautal, seine Firma hat, macht sich schon Gedanken: Die Materialkosten steigen, die Lieferketten stocken, es herrscht Facharbeitermangel. Und wir haben erhöhte Materialkosten. Das macht zum Teil 30 Prozent oder mehr aus. Dazu schlagen die Energiekosten massiv zu. Last but not least müssen sich die Unternehmer vorbereiten, falls kein Gas mehr geliefert wird.

Wie wirkt sich das konkret aus?
Fieser: Durch all diese Mehrkosten machen die Unternehmen nicht mehr so viel Gewinn. Dadurch haben sie nicht mehr so viel Geld für Investitionen. Das kann zu einem Wettbewerbsnachteil werden und dann reden wir ganz schnell über Arbeitsplätze oder die Zukunft des Unternehmens. Jetzt kann man natürlich zur Bank gehen und einen Kredit aufnehmen. Aber den bekommt man nicht mehr für 3 Prozent, sondern für 5, 8 oder 10 Prozent. Das belastet wiederum die Kalkulation. Es ist also ein sehr komplexes Umfeld gerade.

Das klingt dramatisch.
Fieser: Es geht natürlich nicht allen schlecht. Aber es gibt Unternehmen, die sind doch mehr belastet, etwa alle, die zum Verbrennungsmotor zuliefern. Das ist noch komplexer, weil man gar nicht weiß, welche Antriebstechnologie in fünf Jahren überhaupt gefragt ist. Ob das eigene Produkt noch gefragt ist, wie man investieren muss, damit man in die Zukunft einsteigen kann. Vorschriften zum Klimaschutz und Digitalisierung kommen da noch obendrauf. Ich will gar kein schwarzes Bild malen. Ich will nur zeigen, womit sich die Unternehmer zurzeit beschäftigen müssen.

Im Mai haben laut Ihrer Umfrage noch 83 Prozent der Mitgliedsunternehmen steigende Gewinne für 2022 erwartet. Hat sich daran etwas geändert?
Maier: Wir messen diese Zahl nur einmal im Jahr. Aber ich denke, die Sorgenfalten sind inzwischen deutlich größer, worauf auch aktuelle Quartalszahlen hindeuten. Jetzt rückt vor allem das Gasthema sehr stark in den Vordergrund und auch die anstehende Tarifrunde. Die anderen Themen bleiben natürlich bestehen. Darum fällt es vielen Unternehmern immer schwerer, den Optimismus noch aufrechtzuerhalten.

Was ist im Moment das drängendste Thema? Also das Problem Nummer eins?
Maier: Das ist schwierig – das sind alles „Nummer eins Probleme“.

Fieser: Es gibt Unternehmen, denen fressen die Energiekosten ihren kompletten Gewinn auf. Andere kriegen wegen Lieferketten-Problemen keine Bauteile. Wieder andere brauchen unbedingt einen Kredit, gehen von Bank zu Bank und kriegen keinen.

Maier: Und das nächste hat Aufträge ohne Ende, aber es kriegt die Leute nicht, um produzieren zu können und kann deswegen Aufträge nicht mehr annehmen. Oder sie haben viel halbfertige Ware auf Lager. Das bindet enorm viel Kapital.

Fieser: Aber die schwarze Wolke ist natürlich das Thema Gas.

Maier: Jeder versucht natürlich, sich darauf vorzubereiten, Energie zu sparen. Aber wie das genau ablaufen wird, wenn kein Gas mehr kommt, kann keiner sagen.

Was fordern Sie von der Politik?
Fieser: Schön wäre natürlich, wenn wir relativ schnell mehr Sicherheit bekommen würden. Vor allem Energiesicherheit, dass das Gas und der Strom kommen.

Maier: Und insgesamt keine weiteren Belastungen. Das ist das ganz große Credo zurzeit.

Im Herbst stehen die Tarifverhandlungen an. Die IG Metall fordert eine Lohnerhöhung von 8 Prozent. Das wäre eine Belastung, oder?
Fieser: Das Korsett, in dem wir momentan stecken, ist so eng, dass in jeder zusätzlichen Kostenbelastung ein großes Risiko liegt. Da sind mittelfristig Arbeitsplätze gefährdet. Und es könnte dazu führen, dass einige Unternehmen aus der Tarifwelt aussteigen. Und das kann ja auch nicht der Wunsch der IG Metall sein. Eine Erhöhung um weniger als 8 Prozent bedeutet Reallohnverluste.

Maier: Für den Moment ja, aber dies nach vielen Jahren, in denen die Abschlüsse immer deutlich über der Inflationsrate lagen. Tatsächlich meinen wir, dass die IG Metall die Lage der Betriebe verkennt. Die Herausforderungen sind komplex, die Belastungen sind groß. Trotzdem geht die Gewerkschaft davon aus, dass die Gewinne großartig sind. Und das ist einfach nicht richtig. Die Annahme, dass es den Betrieben gut ginge, kommt daher, dass Konzerne ihre Dividenden erhöht haben.

Maier: Aber das sind ein paar wenige Unternehmen. Ziemlich genau ein Drittel unserer Unternehmen schreibt eine schwarze Null oder macht Verluste. Und auch diejenigen, die Gewinne machen, müssen teils enorme Rückgänge hinnehmen.

Was ist also Ihre Position in der Tarifrunde?
Maier: Wir wollen keine Kostenbelastung, sondern eine Tarifpolitik mit Maß und Chancen. Und wir brauchen eine Differenzierung, um auf die unterschiedlichen Situationen unserer Mitglieder eingehen zu können, damit Firmen, denen es schlecht geht, nicht überfordert werden. Es darf keine Einheitslösung geben.

Dieses Interview ist in der Südwest Presse Ulm erschienen.